Bandol: Urwüchsige Provence
Es ist schon einige Jahre und Weinreisen her, als wir die Region Bandol zum ersten Mal besucht haben und bis heute ist uns diese eine Reise in bleibender Erinnerung geblieben. Nur schon die Landschaft hier ist atemberaubend schön. Sie hat nämlich weit mehr zu bieten als die Postkartenmotive der Küstenorte. Das Hinterland des namensgebenden Hafen- und Tourismusortes Bandol beeindruckt mit seiner einzigartigen, urwüchsigen Flora, den kleinen Dörfern und Weilern und den einzigartigen Winzerpersönlichkeiten, die man hier trifft. Die Reben in der Appellation Bandol wachsen auf Terrassen, die seit Jahrhunderten von steinernen Stützmauern – sogenannten Restanques – gehalten werden. Die Menschen ringen den Wein der Landschaft gewissermassen ab und das in Symbiose mit oft mehr als hundert Jahre alter Reben und ebenso traditioneller Kellermethoden.
Das Herz eines Bandols – den es in rot, rosé und ganz selten auch weiss gibt – ist die Mourvèdre-Traube. Eine der eigenwilligsten Traubensorten, die uns je untergekommen ist: sonnengetränkt, meerbrisenbewindet, spätreifend, dickschalig, gerbstoffreich und dazu aromaintensiv. Sie wird ausserhalb der Provence da und dort angebaut, in Spanien heisst sie beispielsweise Monastrell. In der Region Bandol scheint man besonders gut zu wissen, wie man mit ihr umzugehen hat. Einerseits besteht ein Bandol nie nur aus Mourvèdre. Bei den Rotweinen stammen 50 bis 95 Prozent aus der Sorte, bei den Roséweinen 20 bis 95 Prozent. Die Winzer müssen ihre Weine also cuvéetieren, was ihnen ganz gut tut. Zum Einsatz kommen Südfrankreichs bekannte Stars wie Grenache, Cinsault, Syrah und Carignan, die es in manchmal nur kleinen Dosen schaffen, aus dem unbändigen Mourvèdre einen grossen Tropfen zu machen.
Unsere erste Bandol-Reise war im Jahr 1999 und was die Weinstilistik angeht, haben sich die Bandol-Winzer weder vor, noch nach unserem Besuch stark bewegt. Und das ist gut so! Während viele andere grosse Rotweinregionen Europas dem Ruf einiger Kritiker nach barriquegeschwängerten Weinen oder internationalen Traubensorten folgten, wurde Bandol glücklicherweise davon verschont. Die Kritiker haben die Region für sich nie entdeckt, wofür wir heute dankbar sind.
Im Bandol ist es die natürliche Kraft, die einen Wein prägt. Die Kraft des Klimas, der Muschelkalkböden und der Traubensorten ist hier ohne Netz oder doppelten Boden und mit jedem Schluck spürbar: DER mediterrane Wein par excellence. Die Rotweine werden viele Monate in grossen, oft Jahrzehnte alten Holzfudern ausgebaut, um die jung bissig-kräftigen Gerbstoffe etwas zu bändigen. Barriques kennt man hier – mit wenigen Ausnahmen – praktisch nicht.
Rote Bandol trinkt man am besten gereift. Schon klar, dass das selten geht, dann sollte man den Wein dekantieren und am besten über viele Stunden beobachten. Zum Beispiel während ein herbstliches, provencialisch-kräutriges Gericht im Ofen schmort. Dazu passt der Wein dann ideal.
Und so ist der Bandol – gerade in seiner roten Form – für uns einer der grossen Rotweine Frankreichs. Die Komplexität dieser Weine ist einzigartig, genauso wie ihre Kraft und ihre Lagerfähigkeit. Das war schon so als wir zum ersten Mal dort waren und würden wir heute wieder hingehen, hätte sich das sicher auch nicht verändert.