Weisswein: Kalt erwischt
In vielen erfolgreichen Weissweinregionen herrscht die Ansicht, dass ein Produkt nur dann gut ist, wenn es möglichst schnell getrunken und damit einfach verkauft werden kann. Gerade Weissweine müssen einfach verständlich, frisch und vor allem überbordend fruchtig sein. In unseren Augen sind Weine, die unter diesen Gesichtspunkten produziert wurden, aber leider oft langweilig und austauschbar. Der Ablauf der Vinifikation – also die Verwandlung von Trauben zu Wein – bestimmt massgeblich über den späteren Charakter eines Weines. Zwei der entscheidenden Einflussfaktoren in der Weissweinbereitung sind der Einsatz bestimmter Reinzuchthefen und vor allem die kontrollierte Gärführung bei sehr niedrigen Temperaturen.
Grundsätzlich heizt die alkoholische Gärung dem gärenden Traubenmost kräftig ein – bis zu 30 Grad warm kann ein gärender Wein werden. Diese Wärmeentwicklung verkompliziert die Weinbereitung. Zum einen beschleunigt der Temperaturanstieg biochemische Prozesse und damit steigt die Gefahr von Fehlaromen. Zum anderen beschleunigt Wärme aber auch die Gärung selbst. Durch eine stürmische Gärung, deren Wärme und Kohlensäure werden flüchtige, oft erwünschte Aromastoffe aus der gärenden Flüssigkeit geradezu herausgesprudelt. In den sechziger und siebziger Jahren begannen daher Experimente mit dem Ziel, durch eine temperaturgesteuerte Gärung, betont bukettreiche und fruchtige Weintypen zu produzieren – auf den ersten Blick ein löbliches Unterfangen.
Die Intention der Erfinder der Kaltgärung mag gut gewesen sein und hat vielen Regionen zu ihrem heutigen Erfolg verholfen, doch sehr tiefe Gärtemperaturen um 12 Grad Celsius schonen lange nicht nur die traubeneigene Frucht des Mostes, sie gestatten überdies die vermehrte Bildung von Gärungsnebenprodukten aus dem Stoffwechsel der Hefe. Die berühmtesten Aromaträger der Kaltgärung sind Esterverbindungen. Die riechen mal nach exotischen Früchten und mal nach kitschig-blauen Eisbonbons. Verstärkt wird der Aromaeffekt durch die bei der Kaltgärung eingesetzten Reinzuchthefen. Der Weinmacher kann durch die Wahl bestimmter Hefen das Aroma gezielt steuern. Als Kritikpunkt an der Kaltgärung kommt hinzu, dass oft Unmengen von kaltem Wasser verbraucht werden, um die Tanks zu kühlen oder aber sehr viel Energie für die Versorgung der Kühlanlagen benötigt wird. Die Kombination dieser aromabildenden Kellermethoden sorgt in unseren Augen aber nicht allein für Produktsicherheit, sondern vor allem für ganz viel Einheitsbrei. Die Fruchtaromen im Wein, die von der Kaltgärung mit Reinzuchthefen stammen, sind flüchtig und allzu oft erlebt man bei diesen Weinen einen schnelleren Zerfall als einem lieb ist. Sind die überbordenden Fruchtaromen nach wenigen Monaten weg, bleibt nichts weiter als Wasser und Alkohol.
Das tönt nach ganz schön viel Technik und irgendwie auch dramatisch – und das ist es auch. REB Wein steht für natürliche Tropfen, für Weine, die im besten Fall biologisch aber immer naturnah angebaut und im Keller ohne viel technischen Schnickschnack hergestellt wurden. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von artisanaler Weinbereitung und meinen damit nicht nur hochstehendes Handwerk, sondern auch den Verzicht auf Kellermethoden, die den natürlichen Ausdruck eines Weines verzerren. Der Anbau auf gesunden, mineralreichen Böden, begrenzte Erträge, Handernte, die Vergärung mit traubeneigenen oder neutralen Hefen und ein langer Ausbau auf der Feinhefe sind für uns in diesem Zusammenhang selbstverständlich. Nur unter diesen Voraussetzungen können echte, charaktervolle Weissweine entstehen. So wie die von unseren Produzenten Filippo Filippi aus der italienischen Soave-Region, Viña Blanca de Salnes aus Rias Baixas in Spanien oder Marc Weinreich aus dem deutschen Rheinhessen.