Alors Cahors: Malbec in Bestform
Die Appellation Cahors in Südwestfrankreich kann man heute gut und gerne als Underdog bezeichnen. Mit gerade mal 4500 Hektar Rebland gehört sie zu den kleineren französischen Anbaugebieten, aber das war nicht immer so.
Im 13. Jahrhundert gehörte Cahors wie auch das nordwestlich davon gelegene Bordelais zu England und die hier produzierten Black Wines – aus im Ofen getrockneten Trauben oder eingekochtem Traubenmost gemacht – waren mindestens so beliebt wie die Clarets aus Bordeaux. Nicht nur Päpste und Könige mochten sie, sogar die russisch-orthodoxe Kirche liess sich diese Cahors nach Russland schicken. Und das sicher nicht nur als Messwein… Nun gut, die Reblaus und ein verheerender Frost im Jahr 1956 vernichteten den Rebbau in der Region praktisch komplett. Neu gepflanzt wurde die hier angestammte Sorte Côt, weltweit als Malbec bekannt, ergänzt von Tannat und Merlot.
Die Zeiten des Black Wine von Cahors sind heute zum Glück grösstenteils vorbei. Konfitürweine aus Malbec stammen heute aus Argentinien & Co. und das ist auch ganz gut so. Umso spannender ist es, das moderne Cahors zu entdecken, wo die Traubensorte viel Trinkfreude bei hohem Terroirausdruck versprüht. Schon seit einigen Jahren arbeiten wir mit Maya Sallée und Nicolas Fernandez von der Domaine La Calmette aus Trespoux zusammen. Die beiden bewirtschaften hauptsächlich Malbec-Reben auf dem Causse genannten Kalkplateau der Region. Im Gegensatz dazu stehen die Weinberge auf den Kiesterrassen innerhalb der vom Fluss Lot gebildeten Mäander. Die Kalk- und Tonhaltigen Böden sowie Mergelstrukturen sorgen für ein vielfältiges Terroir, das im Zentrum der Arbeit von Maya und Nicolas steht. Mit Diversität kennen sich die beiden aus: Nach Diplomen in Önologie und Agronomie führte ihr Weg zuerst mit vielen Kurven durch diverse Weingüter und Landwirtschaftsbetriebe in ganz Frankreich, bevor sie sich 2015 in der Region Cahors niederliessen. Sie erkannten das grosse Potenzial, das in dem hiesigen Terroir schlummerte, und das Glück war ebenfalls auf ihrer Seite. Die beiden jungen Winzer lernten damals in Trespoux einen pensionierten Bauern kennen, der ihnen seine sieben Hektar Reben überlassen wollte. Sie begannen zunächst mit einer Hektare, stellten diese auf biodynamischen Anbau um und kelterten zu Hause ihren ersten Wein. Das lief so gut, dass sie bald auch die restlichen Rebflächen des Bauern übernahmen und die Domaine La Calmette aus der Taufe hoben. Ihre Weine sind, wie wir uns einen Malbec wünschen: moderat extrahiert, fruchtbetont und ganz klar terroirgeprägt.
Der reinsortige Malbec Vignes Noires stammt von einem für die Anbauzone typischen Terroir: Die gut entwässerten kalk- und tonhaltigen Böden befinden sich auf einem Untergrund aus Mergel, der wiederum genügend Wasser speichert, um die rund 20-jährigen Reben bis spät in den Sommer zu versorgen. Je nach Jahr verschneiden Maya und Nicolas ihre Weine mit anderen Jahrgängen, um für zusätzliche Harmonie zu sorgen. So auch beim Vignes Noires 2018-2019, der aus beiden genannten Jahren stammt.
Auch beim L’Espace Bleu Entre Les Nuages setzen die Macher auf die beiden Jahrgänge 2018 und 2019. Der Wein stammt von einer besonderen Einzellage. Die Reben sind in kimmeridgischem Kalkstein mit leichter Lehmauflage gepflanzt, ähnlich wie in Chablis oder Sancerre. Auf diesem Weisswein-Terroir hat der Malbec einen delikaten und eleganten Wein hervorgebracht, mit einer reifen und lebendigen Säure, sehr mineralisch. Die zweijährige Reifung in alten Fässern hat diese natürliche Nervosität zivilisiert.
Die Cuvée Bois Grand stammt aus dem Jahr 2018. Die Trauben dafür stammen aus einer einzigen, sonnigen Parzelle mit Südwest-Ausrichtung, die auf Kalkstein wächst und sehr starke Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht aufweist. Gearbeitet wird biologisch zertifiziert nach biodynamischen Prinzipien und stets von Hand. Der Wein reift in gebrauchten Holzfässern, bevor er unfiltriert, ungeschönt und minimal geschwefelt abgefüllt wird. Das Ergebnis ist ein runder Wein voller Spannung und mit einem beeindruckenden Volumen, aber auch mit viel Schwung und einer erstaunlichen Finesse. Charakter, zweifellos, aber auch viel Seide am Gaumen und eine willkommene Frische. Ein grosser Malbec aus Cahors.
Der Butte Rouge gehört zur qualitativen Spitzen von La Calmette. Der Wein stammt aus einer Einzellage mit tiefwurzelnden, 45-jährigen Malbec-Stöcken. Ein betörender Wein mit komplexer Aromatik und grosser Eleganz.
Auch Valérie Courrèges, die den zweiten Cahors-Betrieb in der REB Wein-Familie betreibt, hat sich über Umwege in das hiesige Terroir verliebt. Valérie erwarb ihre Domäne im Herzen der AOP erst im Jahr 2018 und arbeitete zuvor bei renommierten Betrieben in Bordeaux, der Provence und in Übersee – unter anderem auf Château Lafite. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem ehemaligen Rugby-Spieler Matthieu Cosse, kaufte sie ausserdem vor mehr als 20 Jahren das heute etablierte Cahors-Weingut Causse Maisonneuve. Valérie arbeitet nach biodynamischen Prinzipien und ist derzeit dabei, das Weingut nach Demeter-Standards zu zertifizieren. Sie bewirtschaftet Reben in zwei Anbauzonen. Einerseits wie die Domaine La Calmette auf dem Kalkplateau Causse im Herzen der Appellation. Andererseits südlicher in der Region Quercy. Der Weinberg dort ist mit Syrah, Merlot, Malbec und Cabernet Franc bestockt.
Der Wein L’Art et la Matière stammt von den ältesten Malbec-Reben des Gutes die 1971 gepflanzt wurden. Ein Malbec von hinreissender Finesse, mit Noten von Rauch, Wiesenblumen, Gewürzen, Graphit und einem feinen Gerbstoffgerüst. Ein waschechter Meditationswein, der sich über Stunden im Glas entwickelt. Auch der etwas kleinere aber nicht minder Freude bereitende Ocrement Dit stammt von Reben auf dem Kalkplateau. Ein kräftiger, geschmeidiger aber auch stets frischer Malbec von 40 bis 50-jährigen Reben. Noten von Veilchen und Kräutern treffen hier auf schwarze Früchte. Ein Wein wie aus einem Guss – da ist es einfach, all die Päpste und Könige zu verstehen, die den Wein aus Cahors bereits unwiderstehlich fanden.