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REB Wein Blog

REB Weine erzählen alle ihre ganz eigenen Geschichten und diese lest Ihr hier. Von Traube, Boden, Klima und natürlich Mensch.

REB Wein Geschichte N°54

Cuvées: Zusammen sind sie stark

Die Frage, ob Wein aus einer einzigen Sorte oder aber solcher aus mehreren Varietäten besser ist, wird einem Weinexperten immer wieder gestellt. Unsere Antwort: Es gibt keine Antwort. Beide Konzepte können Grosses zutage bringen. Denn nicht nur die Traubensorten sind die Grundlage der Weinqualität, sondern der Ort an dem die Trauben wachsen. 

Die Wissenschaft schätzt, dass es weltweit rund 5000 Traubensorten gibt, satte 1368 beschreiben die englische Weinjournalistin Jancis Robinson und ihr Team in ihrem Traubenwälzer «Wine Grapes». In dem empfehlenswerten Buch findet man auch einige Trauben-Stammbäume, aus denen sich die Verwandtschaftsverhältnisse ablesen lassen. Denn bei allen Traubensorten handelt es sich um nahe Verwandte der Art Vitis Vinifera. Schaut man in Robinsons Buch etwa den Stammbaum für die Cabernet-Sorten an, erfährt man, dass Cabernet Franc so etwas wie ein Elternteil der Sorten Cabernet Sauvignon, Merlot und Carmenère ist. Sie alle sind also extrem nah verwandt – und trotzdem wird ein reinsortiger Cabernet Sauvignon von vielen Menschen einem Verschnitt mit Merlot vorgezogen. Eigentlich sinnlos.

In Frankreich – der Wiege des Spitzenweins – sind Traubensorten meist kein Thema. Hier ist die Überzeugung, dass der Einfluss des Terroirs am höchsten zu gewichten ist, längst verinnerlicht. Das zeigen nur schon die meisten Weinetiketten – die Traubensorten sucht man meist vergeblich, dafür prangt gross die Herkunft auf dem Etikett.

Welche Traubensorten an einem bestimmten Ort angebaut werden, hat in Frankreich meist mit deren unmittelbarer Geschichte zu tun. Pinot Noir stammt aus dem Burgund und gedeiht hier entsprechend perfekt, das Gleiche gilt für die Bordeaux-Sorten Cabernet Sauvignon oder Merlot oder auch für die Sorte Malbec, deren Heimat natürlich nicht in Südamerika, sondern in der Region Cahors in Südwestfrankreich liegt. In dieser Region hat sich auch die junge Winzerin Valérie Courrèges niedergelassen. Neben reinsortigen Malbecs keltert sie die hochinteressante Rotweincuvée Zinzolin. Die Trauben für den Wein stammen von rund 40 Jahre alten Reben verschiedener Sorten, die aber alle an den kalkhaltigen Hängen (Marne Formation) des Orts Quercy wachsen. Je nach Parzelle sind andere Sorten gepflanzt – Valérie erntet jeden Rebberg dann, wenn dieser so weit ist. Sie erntet Parzellen, nicht Traubensorten, ein wesentlicher Unterschied zu vielen anderen Weinmachern auf der Welt. Die Basis des Zinzolin bildet der Malbec mit seinen beerigen und floralen Aromen. Die ergänzenden Sorten Syrah (30%). Cabernet Franc (20%) und Merlot (10%) sorgen für Herbe und eine delikate Frucht.

Das Pflanzen verschiedener Sorten in einer Anbauzone oder gar einem Rebberg hat in den meisten Regionen der Welt Tradition. Der Siegeszug der reinsortigen Gewächse setzte erst in den 1950er-Jahren ein – insbesondere befeuert durch die neuen Weingegenden in Übersee, die mit reinsortigen Gewächsen aus Cabernet Sauvignon, Merlot oder auch Malbec begeisterten. Heute besinnen sich viele Produzenten auf den alten Rebenschatz ihrer Regionen zurück. So auch die jungen Elsässer Winzersleute Jérome François mit seiner Partnerin Morgane Stoquert vom Weingut La Grange de l’Oncle Charles. Ihr Wein Alsace 2019 wird ab 2020 Mille Lieux heissen. Beide Namen passen. Tausend Orte sind es zwar nicht gerade, die im Wein vereint werden – es handelt sich um eine Assemblage von 13 typischen Elsässer Traubensorten, die auf den unterschiedlichsten Terroirs aus Granit, Lehm, Sandstein und Kalkstein wachsen. Die Reben befinden sich in den Orten Kaysersberg, Ammerschwihr, Zellenberg, Rodern und Ribeauvillé, der Wein ist der Ausdruck einer Gegend und die einzelnen Trauben – von Gewürztraminer über Pinot Noir bis Auxerrois ist alles dabei – rücken komplett in den Hintergrund.

Gerade beim naturnahen biologischen Anbau wie ihn nicht nur Jérome und Morgane, sondern alle REB-Wein-Winzer betreiben, macht es Sinn, auf mehrere Sorten zu setzen. Denn die Traubensorten reagieren unterschiedlich auf die Witterungsbedingungen in einem bestimmten Jahr, Ernteausfälle können so teilweise abgefedert und ausgeglichen werden. Ein weiterer Vorteil von verschiedenen Arten in einer Kultur ist die Biodiversität, also die Erhöhung des natürlichen Gleichgewichts in einem Ökosystem. In diesem Zusammenhang spricht man beim Wein auch vom gemischten Satz – gemeint ist damit ein Rebberg in dem verschiedene Traubensorten gemeinsam kultiviert und anschliessend auch verarbeitet werden. In vielen Gegenden war dies einst die gängige Praxis, reinsortige Rebberge in Monokultur gab es früher ganz einfach nicht.

Vincent Eymann trägt dieser Geschichte in seiner Heimat, der Pfalz mit dem Wein Alter Satz Rechnung. Der Wein stammt aus einer Lage mit den Sorten Riesling, Muskateller und Gewürztraminer. Die Trauben dafür werden gemeinsam von Hand gelesen, gepresst und spontan vergoren. So entsteht ein vielfruchtiger, verspielter und erfrischend knackiger Wein, der je nach Jahrgang die Vorzüge einer anderen Sorte ausspielt.

Auch in unserer Lieblingsregion – dem Nordpiemont – hat die Vermählung verschiedener Traubensorten zu einem Wein Tradition. Heute gilt es nicht mehr als erstrebenswert, einen Wein aus 100 Prozent Nebbiolo zu keltern, die Vorzüge der alten, heimischen Sorten wie Croatina oder Vespolina schätzen heute viele – auch jüngere Produzenten. So wie Fabio Zambolin, dessen Feldo für uns ein Paradebeispiel für einen nordpiemontesischen Rotwein ist und der die Vorzüge aller drei Sorten in sich vereint. Die Trauben wachsen gemeinsam auf der ein Hektar grossen Lage La Vignetta. Rund 50 Prozent der Stöcke sind Nebbiolo- und je 25 Prozent Croatina- und Vespolina-Reben. Während Nebbiolo für die seriöse, noble Seite des Weines zuständig ist, steuert der Croatina eine rustikale, bodenständige Komponente mit. Die dritte im Bunde – die autochthone Sorte Vespolina – ist ein Nachkomme des Nebbiolo. Sie unterstreicht deren Eigenschaften auf perfekte Weise, steuert zusätzliche Aromentiefe bei und sorgt für ein feines Tanningerüst. Wer diesen Wein ablehnt, weil er lieber einen reinsortigen Nebbiolo trinken möchte, verpasst definitiv etwas – nämlich den echten Ausdruck des rustikal-sympathischen Nordpiemonts.

Einen anderen Ansatz für seine Rotweincuvée wählt Raimond de Villeneuve vom Château de Roquefort. Die Trauben für den Les Mûres stammen von verschiedenen Parzellen mit recht ähnlichen Böden mit Kalkstein und Ton. Es handelt sich um Reben der Sorten Grenache, Carignan, Syrah und Cinsault. Für die Region die klassische Traubenzusammensetzung in einer Rotweincuvée. Den Duft der Garrigue, dem Buschland der Gegend, transportiert diese auf fast schon geniale Art und Weise. Ein weiterer Wein aus mehreren Sorten, der klar von seiner Umgebung und nicht von den verwendeten Traubensorten geprägt ist. Ein Wein, wie wir ihn uns wünschen.

Die Verwendung von mehreren Traubensorten in einem aussagekräftigen Wein gehört bei vielen Regionen und Weinstilen ganz einfach dazu. Bei Schaumweinen wird das allerdings nur selten hinterfragt – denn reinsortig sind diese in der Regel nicht. In den meisten Regionen setzt man – natürlich mit Blick auf die legendäre Champagne – auf Sorten wie Chardonnay und Pinot Noir. So auch in der Region Limoux im Languedoc. Neben den beiden Genannten sind in Limoux aber auch die Sorten Chenin Blanc und Mauzac zugelassen. Der Crémant de Limoux Trésor von Nicolas Therez und Amandine Caruso ist neu im REB-Wein-Sortiment. Ein Schaumwein, der die Frische des Chardonnay mit der Frucht des Pinot Noir und der aromatischen, charakterstarken Art des Chenin Blanc vereint. Und einer, der beweist, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile – auch beim Wein.